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Medizinisches Cannabis eine Reise in die Vergangenheit und einen Blick in die Zukunft

Autorenbild: Nicolai BerardiNicolai Berardi

Willkommen in der faszinierenden Welt von Cannabis, einer Pflanze, die sowohl von historischer Bedeutung als auch von moderner medizinischer Relevanz ist. Seit Jahrtausenden nutzt die Menschheit die vielfältigen Eigenschaften der Cannabis sativa für unterschiedlichste Anwendungen – von der Textilherstellung bis zur Schmerzlinderung. Trotz ihrer langen Geschichte als Nutzpflanze war Cannabis auch Gegenstand von Kontroversen und strikten Regulierungen. In den letzten Jahren jedoch hat ein Umdenken stattgefunden, und immer mehr Länder erkennen die potenziellen Gesundheitsvorteile, die Cannabis bieten kann. Dieser Blogbeitrag soll einen umfassenden Überblick über die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Cannabis bieten. Wir werden die Geschichte und Entwicklung von Cannabis als Industriepflanze erkunden, die Ursprünge der Prohibition beleuchten, die gegenwärtigen Gesetze und deren Veränderungen untersuchen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinter den medizinischen Anwendungen dieser außergewöhnlichen Pflanze erforschen. Tauchen Sie mit uns ein in die Welt des medizinischen Cannabis und entdecken Sie, wie diese uralte Pflanze weiterhin das moderne medizinische Denken und die therapeutische Praxis prägt.


1. Geschichte der Hanfpflanze als Industriepflanze

Die Hanfpflanze, auch bekannt als Cannabis sativa, besitzt eine bemerkenswerte Vergangenheit, die eng mit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation verknüpft ist. Schon vor Tausenden von Jahren erkannten verschiedene Kulturen weltweit den Wert dieser Pflanze. Ihre robusten Fasern wurden für die Herstellung von Seilen, Kleidung und sogar Papier genutzt. In China sind Nachweise für die Nutzung von Hanf bis ins Jahr 2800 v.Chr. zurückzuverfolgen, wo er als Grundlage für Textilien und später als wesentlicher Bestandteil in der Papierherstellung diente. Auch in der antiken Welt war Hanf von großer Bedeutung. Die Ägypter nutzten Hanfpapier, das aufgrund seiner Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Verfall geschätzt wurde. Man findet sogar Hinweise darauf in den Gräbern von Pharaonen, was die Bedeutung des Materials in der ägyptischen Kultur unterstreicht. Diese frühe Anwendung ermöglichte Fortschritte in der Kommunikation und der Verwaltung von Wissen.

In Europa spielte Hanf eine zentrale Rolle in der Textilindustrie und im Schiffbau des Mittelalters und der Renaissance und auch in der industriellen Revolution. Die starken Hanfseile und -segel waren essentiell für die europäischen Seefahrer, darunter auch für Christoph Kolumbus, dessen Schiffe, die "Santa Maria", "Pinta" und "Niña", mit Hanfsegeln und -seilen ausgerüstet waren. Diese Ausrüstung trug maßgeblich zur Eroberung der Meere und zur Entdeckung Amerikas bei. Ohne Hanf hätten die langen und gefährlichen Fahrten über den Atlantik kaum bewältigt werden können.




Seilfabrik
Historische Darstellung einer Hanfseilfabrik in Shadwell, London um 1880. Quelle: https://www.britannica.com/event/Industrial-Revolution


Die Verbreitung von Hanf als Material für religiöse Texte hatte ebenfalls einen nachhaltigen Einfluss. In vielen frühen christlichen Gemeinden wurden Bibeln auf Hanfpapier gedruckt. Dies war besonders während der Zeit der Gutenberg-Bibel im 15. Jahrhundert der Fall, wo die Haltbarkeit und die verhältnismäßig geringen Kosten von Hanfpapier es ermöglichten, Wissen und heilige Schriften einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Gutenberg Bibel
Gutenbergbibel aus dem Jahr 1455, Druck auf Hanfpapier, heute noch gut erhalten in der Lenox Library, New York

Trotz dieser vielfältigen und tief verwurzelten Geschichte ging die Produktion von Hanf im 20. Jahrhundert aufgrund von Gesetzen und Vorschriften, die oft von Missverständnissen und wirtschaftlichen Interessen getrieben waren, stark zurück. Heute erlebt Hanf jedoch eine Renaissance, da seine ökologischen Vorteile und vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten gerade im medizinischen Bereich erneut geschätzt werden.


2. Die Geschichte vom 1. Hanfverbot, dem Marihuana Tax Act 1937

Das erste bedeutende Verbot von Cannabis in den USA wurde 1937 mit dem Marihuana Tax Act eingeführt, einem Gesetz, das tief in wirtschaftlichen Interessen und rassistischen Motiven verwurzelt war. Eine Schlüsselfigur in dieser Bewegung war Harry Anslinger, der damalige Leiter des neu gegründeten Federal Bureau of Narcotics. Anslinger nutzte seine Position und die Macht der Medien, um Cannabis als eine gefährliche Droge darzustellen, die angeblich zu Gewalt und Wahnsinn führen würde.



Filmposter des Propagandafilms Assasin of the Youth: Der Film handelt von Der Reporter Art Brighton infiltriert die Bande der bejammernswerten Süchtigen, die sich in immer lasterhaftere Feiern verlieren, die durch Marihuana-Missbrauch in regelrechte Orgien ausarten: Einige Mädchen stechen, unter dem bewusstseinszerstörenden Einfluss von Marihuana, auch mit Messern aufeinander ein.


Ein weiterer zentraler Akteur war William Randolph Hearst, ein Medienmogul, der ein Imperium aufbaut hatte, das stark von der Holzindustrie und dessen Produkt Papier abhängig war. Hearst nutzte seine zahlreichen Zeitungen, um eine aggressive Kampagne gegen Cannabis zu führen, die oft mit rassistischen Untertönen gegenüber mexikanischen und afroamerikanischen Gemeinschaften durchsetzt war. Diese Kampagne war teilweise durch Hearsts finanzielle Interessen motiviert, da Hanf als kostengünstiger Rohstoff für die Papierherstellung konkurrierend zu den von ihm kontrollierten Holzquellen stand.




Mit solchen sensationslustigen Artikeln verbreitete Hearst die Anti-Cannabis-Propaganda.

Hearst war es auch der Cannabis vor der Abstimmung 1937 das neue und fremdländisch klingende Wort Marihuana einführte, sodass die Politiker verwirrt wurden, da sie vorher nur das Wort Cannabis kannten.

Der Einfluss der DuPont-Familie, die große Investitionen in die Entwicklung synthetischer Materialien wie Nylon gemacht hatte, war ebenfalls bedeutend. Cannabis und Hanf stellten eine direkte Bedrohung für die aufkommenden synthetischen Fasern dar, die DuPont auf den Markt brachte. Die Eliminierung von Hanf als Konkurrent erleichterte DuPont den Zugang zu lukrativen Verträgen, insbesondere im Bereich der Militärausrüstung und später in der Textilindustrie.



Werbung für DuPont Nylon 1949


Der Gesetzesentwurf kam am Ende des Tages zur Abstimmung und der republikanische Minderheitsführer Bertrand Snell fragte, warum "wir diese Angelegenheit zu dieser späten Nachmittagsstunde zur Sprache bringen sollten? Ich weiß nichts über die Vorlage". Der texanische Abgeordnete Sam Rayburn versicherte ihm, dass "es um etwas geht, das Marihuana genannt wird. Ich glaube, es ist eine Art Rauschgift".


So kam es also zum ersten Verbot.

Die finanziellen Vorteile für Unternehmen wie DuPont waren erheblich. Heute wird das Vermögen der DuPont-Familie auf Milliarden geschätzt, ein Beweis für den langfristigen wirtschaftlichen Einfluss, den ihre frühen Entscheidungen hatten. William Randolph Hearst hinterließ bei seinem Tod 1951 ein Vermögen, das heute auf über 4 Milliarden Dollar geschätzt würde, unterstrichen durch die fortgesetzte Expansion und Diversifizierung seines Unternehmensimperiums.

Darüber hinaus hatten die Cannabisverbote weitreichende soziale und wirtschaftliche Folgen, die verschiedene Industriezweige betrafen. Die pharmazeutische Industrie profitierte von der Kriminalisierung von Cannabis, da sie natürliche, pflanzliche Heilmittel als Konkurrenz zu ihren synthetischen Produkten ausschalten konnte. Ebenso begünstigte die steigende Zahl von Cannabis bezogenen Verhaftungen die Waffenindustrie und private Gefängnisse, die von der steigenden Nachfrage nach Sicherheits- und Haftdienstleistungen profitierten.

Die rassistische Prägung der Verbote war besonders markant. Anslinger und seine Verbündeten porträtierten Cannabis häufig als eine Substanz, die von Minderheiten bevorzugt wurde und die angeblich zu moralischem Verfall und Verbrechen führte. Diese rassistisch gefärbten Kampagnen hatten langfristige Auswirkungen auf die sozialen und rechtlichen Strukturen in den USA, die bis heute nachwirken und eine umfassende Diskussion und Reflexion über Drogenpolitik und Gerechtigkeit erforderlich machen.


3. Die Folgen des War on Drugs bis heute


Nach dem Verbot von Cannabis durch den Marihuana Tax Act im Jahr 1937 entwickelte sich die globale Drogenpolitik weiter, was letztendlich zu internationalen Abkommen und einer weiteren Verschärfung der Drogenkriege führte. In den Jahrzehnten nach der Einführung des Marihuana Tax Act breitete sich die Kriminalisierung von Cannabis weiter aus, unterstützt durch die zunehmende Internationalisierung der Drogenbekämpfung. Ein wesentlicher Meilenstein in dieser Entwicklung war die UN-Konvention über Suchtstoffe von 1961, die auf eine Vereinheitlichung der Drogenkontrollpolitik auf globaler Ebene abzielte. Diese Konvention klassifizierte Cannabis zusammen mit Heroin und anderen Opiaten als eine besonders gefährliche Droge ohne signifikanten medizinischen Nutzen, was zu strikten Kontrollen und Sanktionen in den Unterzeichnerstaaten führte.

Die Ideologie dieser internationalen Drogenpolitik erreichte ihren Höhepunkt während der Präsidentschaft von Ronald Reagan in den 1980er Jahren durch seinen „War on Drugs“. Reagan intensivierte die Drogenbekämpfungsmaßnahmen, was zu einer massiven Erhöhung der Verhaftungen und Inhaftierungen für Drogendelikte führte, insbesondere unter Minderheiten in den USA. Der "War on Drugs" hatte weitreichende soziale und wirtschaftliche Konsequenzen, führte zu einer Überfüllung der Gefängnisse und verankerte die Diskriminierung im Rechtssystem, deren Nachwirkungen bis heute zu spüren sind. Die Politik unter Reagan und die folgenden Administrationen perpetuierten somit eine strenge, straforientierte Herangehensweise an Cannabis und andere Drogen, die internationale Politik und nationale Gesetze für Jahrzehnte prägte.


Zwischen 1980 und 1997 stieg die Zahl der Menschen, die wegen gewaltfreier Drogendelikte hinter Gittern saßen, nach Angaben der Drug Policy Alliance von 50.000 auf über 400.000. Heute sind Drogendelikte die häufigste Ursache für Verhaftungen in den USA. 2019 werden mehr als 1,5 Millionen Menschen wegen Verstößen gegen das Drogengesetz verhaftet.

Dieser Krieg gegen Drogen führte zu also massenhaften Verhaftungen, einer Überlastung des Justizsystems und einer großen Zahl an Inhaftierungen, besonders unter Minderheiten. Die Folgen sind bis heute spürbar, einschließlich eines tiefen Misstrauens gegenüber der Polizei und einer unverhältnismäßigen Zahl von jungen Erwachsenen aus sozial benachteiligten Gemeinschaften, die im (wohlbemerkt in den USA privaten(!) Gefängnissystem landen. Die sozialen und ökonomischen Kosten dieses "Kriegs" sind enorm und rufen zunehmend nach einer Reform der Drogenpolitik.


4. Die Gesetzesgebung in der Schweiz

Die Geschichte der Cannabis-Gesetzgebung in der Schweiz spiegelt die sich wandelnde Haltung gegenüber Hanf und seinen Derivaten wider und stellt einen einzigartigen Pfad dar, der von pragmatischer Agrarpolitik zu einem der fortschrittlichsten medizinischen Cannabis-Programme in Europa führte.


Hanfernte Schweiz historisch
Hanfernte in Tschiertschen um 1915

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war Hanf in der Schweiz überwiegend legal und spielte eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft. Während der "Anbauschlacht" im Zweiten Weltkrieg, einer Zeit, in der die Schweiz ihre landwirtschaftliche Produktion zur Selbstversorgung steigerte, wurde Hanf als wesentlicher Bestandteil der Anbaukulturen gefördert. In dieser Zeit galt Hanf auch als Ersatz für Tabak für die weniger wohlhabende Bevölkerung.


Das Jahr 1951 markierte jedoch einen Wendepunkt, als die Schweiz unter dem Einfluss internationaler Abkommen und der amerikanischen Drogenpolitik das Cannabis-Verbot einführte, das vom Federal Bureau of Narcotics forciert wurde. Dieser Kurswechsel stand im Einklang mit der globalen Bewegung zur Kriminalisierung von Drogen nach dem Zweiten Weltkrieg.

Im Jahr 1973 wurde das Verbot bestätigt und 1975 folgte das heute noch gültige Betäubungsmittelgesetz, welches eine strenge Regulierung von Cannabis festlegte. Dieses Gesetz erlebte im Laufe der Jahre mehrere Revisionen, aber das grundlegende Verbot blieb bestehen.

Die Diskussion um eine Legalisierung begann im Jahr 2001 mit ersten Vorschlägen, die jedoch 2004 durch die Parteien FDP, CVP und SVP ein Ende fanden. Erst 2008 wurde die Volksinitiative zur Änderung des BTM Gesetztes für medizinische Zwecke angenommen, was dazu führte, dass ab 2011 Cannabis und andere psychotrope Substanzen mit einer Sonderbewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zu medizinischen Zwecken verwendet werden durfte.


Ein weiterer Meilenstein wurde 2012 erreicht, als der Besitz von weniger als 10 Gramm Cannabis nur noch mit einer Buße belegt und nicht mehr als Straftat gewertet wurde. Diese Änderung signalisierte einen allmählichen Wandel in der Wahrnehmung von Cannabis in der Öffentlichkeit und der Politik.

2016 brachten neue Vorschläge für Pilotstudien, um die Auswirkungen einer regulierten Abgabe von Cannabis zu erforschen, weiteren Schwung in die Debatte. 2019 wurde Epidiolex, ein CBD-basiertes Medikament, als erstes Cannabis-Medikament in der Schweiz zugelassen.





2020 genehmigte der Schweizer Bundesrat offiziell Pilotprojekte für den kontrollierten Verkauf von Cannabis, und im August 2022 wurde das Verbot für medizinische Zwecke aufgehoben, was den Weg für eine legalisierte und regulierte Nutzung ebnete. Seit Juli 2023 können Erwachsene in der Schweiz bis zu 10 Gramm Cannabis besitzen, ohne eine Beschlagnahmung fürchten zu müssen.

Die schweizerische Cannabispolitik zeigt die Entwicklung von einer restriktiven zu einer offeneren und evidenzbasierten Haltung, wobei die medizinische Anwendung von Cannabis nun vollständig legal ist und Forschung sowie Diskussionen über eine weiterführende Legalisierung anhalten. Diese Gesetzgebung reflektiert den Wunsch, die positiven Aspekte von Cannabis zu nutzen, während gleichzeitig die öffentliche Gesundheit und Sicherheit gewährleistet werden.


5. Die Cannabispflanze und ihre Inhaltsstoffe

Cannabis sativa, eine der ältesten Nutzpflanzen, ist seit Jahrtausenden Bestandteil menschlicher Kultur und Nutzung. Botanisch betrachtet, teilt sich die Cannabispflanze in drei Hauptarten: Cannabis sativa, Cannabis indica und Cannabis ruderalis. Diese ursprünglichen Arten unterschieden sich hinsichtlich ihres geografischen Ursprungs, ihres Aussehens und ihrer Wirkungen. Über die Jahre hinweg haben Züchter jedoch zahlreiche Hybride entwickelt, wodurch die Unterscheidung zwischen den botanischen Arten in den Hintergrund gerückt ist. Heutzutage ist es vor allem die chemische Zusammensetzung, das sogenannte Chemovar, das die Wirkungen und Eigenschaften einer Sorte bestimmt.

Botanische Unterschiede

Cannabis sativa stammt aus äquatorialen Regionen wie Südamerika, Afrika und Südostasien. Die Pflanzen sind groß und haben lange, schmale Blätter. Sie benötigen längere Blütezeiten und zeichnen sich durch eine energetisierende, stimmungsaufhellende Wirkung aus. Diese Sorten enthalten oft höhere Mengen an THC, was sie besonders für die Behandlung von Depressionen und chronischer Müdigkeit geeignet macht.

Cannabis indica hat seinen Ursprung in den Bergregionen Indiens, Afghanistans und des Himalayas. Diese Pflanzen sind kleiner und buschiger und haben eine schnellere Blütezeit. Sie sind robuster gegenüber kälteren Klimazonen und enthalten häufig höhere Mengen an CBD, was zu beruhigenden und schmerzlindernden Effekten führt. Sie werden häufig bei chronischen Schmerzen und Schlafstörungen eingesetzt.

Cannabis ruderalis ist eine widerstandsfähige Pflanze aus den kälteren Regionen Russlands und Zentralasiens. Sie ist kleiner und weniger potent, blüht jedoch unabhängig von der Lichtdauer (autoflowering). Diese Eigenschaft wird oft in moderne Hybride eingezüchtet, um die Widerstandsfähigkeit und einfache Handhabung zu verbessern.

Hybride und moderne Züchtungen

Im Laufe der Zeit haben Züchter verschiedene Cannabis-Arten miteinander gekreuzt, um spezifische Eigenschaften von Indica und Sativa zu kombinieren. Hybride sind heute der Standard, und ihre Effekte werden weniger anhand der botanischen Abstammung, sondern vielmehr anhand des Chemovar-Profils beschrieben. Das Chemovar bestimmt die spezifische Zusammensetzung von Cannabinoiden (THC, CBD, CBG) und Terpenen (Myrcen, Limonen, Caryophyllen) und hat entscheidenden Einfluss auf die therapeutische Wirksamkeit.

Eine häufige Fehleinschätzung ist, dass eine Pflanze mit höherem THC-Gehalt automatisch "stärker" sei. Tatsächlich ist es das Zusammenspiel der Cannabinoide und Terpene, das die Wirkung ausmacht. Der Entourage-Effekt, bei dem verschiedene Wirkstoffe synergetisch zusammenwirken, führt zu einer ausgewogenen und effektiveren Wirkung. Dies erklärt auch, warum reines THC (z.B. in Form von Dronabinol) oft nicht den gewünschten therapeutischen Effekt hat.

Laut Bedrocan gibt es keine klaren Beweise dafür, dass der Unterschied zwischen Indica und Sativa allein als verlässlicher Indikator für die Wirkung dient. Stattdessen sollte das vollständige Chemovar-Profil betrachtet werden​

EMCDDA


Effekte und moderne Klassifizierungen

Die modernen Klassifizierungen von Cannabissorten basieren zunehmend auf den wahrgenommenen Effekten, die eine Sorte bietet, anstatt auf der botanischen Herkunft:

  • Energize: Fördert Wachheit und Kreativität, ideal bei Depressionen und chronischer Müdigkeit.

  • Calm: Beruhigend und angstlösend.

  • Sedating: Fördert den Schlaf und hilft bei Schlafstörungen.

  • Focus: Konzentrationsfördernd bei ADHS und Aufmerksamkeitsstörungen.

  • Relaxing: Ideal zur Schmerzlinderung und Entspannung.

Für eine präzise therapeutische Anwendung ist es entscheidend, dass Apotheken das vollständige Chemovar-Profil bereitstellen, da dies die medizinische Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen erheblich beeinflussen kann.


Terpene und ihre Bedeutung

Terpene sind eine weitere wichtige Gruppe von Verbindungen in Cannabis, die für die Aromen und Gerüche der Pflanze verantwortlich sind. Terpene sind auch in vielen anderen Heilpflanzen wie Ingwer, Salbei, Lavendel, Minze, Kümmel, Hopfen, Rosen usw. enthalten. In der facettenreichen Welt der Cannabis-Terpene gibt es eine Vielzahl von Verbindungen, die sowohl einzigartige Aromen als auch therapeutische Eigenschaften bieten. Jedes Terpen trägt auf seine Weise zur Gesamtwirkung des Cannabis bei, sowohl durch direkte physiologische Effekte als auch durch das Phänomen des Entourage-Effekts, bei dem Terpene zusammen mit Cannabinoiden synergistisch wirken, um deren Effekte zu modifizieren und zu verstärken.

Hier sind einige der häufigsten Terpene in Cannabis und ihre bekanntesten Vorteile:

  1. Myrcen: Dieses Terpen ist bekannt für seine erdigen, moschusartigen Noten, die oft mit einer beruhigenden Wirkung assoziiert werden. Es ist das am häufigsten vorkommende Terpen in vielen Cannabis-Sorten und wird oft für seine entspannenden Eigenschaften geschätzt, die es zu einer guten Wahl für die Linderung von Spannungen und Schlaflosigkeit machen.

  2. Limonen: Dieses zitrusartige Terpen, das auch in Zitronen und anderen Zitrusfrüchten vorkommt, ist bekannt für seine stimmungsaufhellenden und angstlösenden Eigenschaften. Limonen kann auch die Aufnahme anderer Terpene durch die Haut und Schleimhäute fördern und wird häufig in medizinischen und aromatherapeutischen Anwendungen verwendet.

  3. Pinene: Mit einem frischen, klaren Kiefern-Aroma ist Pinene nicht nur in Cannabis, sondern auch in Kiefern und anderen Nadelbäumen zu finden. Es wirkt als Bronchodilatator, was es potenziell nützlich für Menschen mit Asthma macht, und hat entzündungshemmende Eigenschaften.

  4. Linalool: Bekannt für sein florales Lavendelaroma, hat Linalool eine beruhigende Wirkung, die es effektiv gegen Angstzustände und Stress macht. Es wird auch für seine schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt.

  5. Caryophyllen: Dieses würzige Terpen, das auch in schwarzem Pfeffer, Nelken und Zimt zu finden ist, bindet an CB2-Rezeptoren und wirkt entzündungshemmend. Es wird häufig zur Linderung von Schmerzen und als entzündungshemmendes Mittel eingesetzt.

Die Kombination dieser Terpene in verschiedenen Cannabis-Sorten trägt nicht nur zu einem breiten Spektrum an Aromen und Geschmackserlebnissen bei, sondern auch zu einem Potenzial für vielfältige therapeutische Anwendungen.






Die Rolle der Terpene und Cannabinoide im Zusammenspiel macht deutlich, dass das chemische Profil einer Cannabissorte viel entscheidender ist als ihre botanische Herkunft.


Cannabinoide sind die wohl bekanntesten Wirkstoffe der Cannabispflanze. Zu den am intensivsten erforschten zählen:

  1. Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC-C5) – Bekannt für seine psychoaktiven Eigenschaften und seine Anwendung bei Schmerzlinderung und als Appetitanreger.

  2. Cannabidiol (CBD-C5) – Nicht psychoaktiv, bekannt für seine entzündungshemmende, angstlösende und antiepileptische Wirkung.

  3. Cannabinol (CBN-C5) – Entsteht, wenn THC oxidiert; wirkt leicht psychoaktiv und ist bekannt für seine beruhigenden Eigenschaften. Abgebaute oder oxidierte Cannabis-Produkte wie traditionell hergestelltes Haschisch enthalten viel CBN.

  4. Cannabigerol ((E)-CBG-C5) – Oft als „Stammzelle“ der Cannabinoide bezeichnet, hat antibakterielle und neuroprotektive Effekte.

  5. Cannabichromen (CBC-C5) – Trägt zur Schmerzlinderung durch den Entourage Effekt und der verstärkung von THC Wirkung bei.


Eine schöne Zusammenstellung von Cannabinoiden gibt es auch in der folgenden Studie.






Der Entourage-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Cannabinoide und Terpene in ihrer natürlichen Kombination synergistisch oder antagonistisch wirken und so die individuellen Effekte der einzelnen Komponenten verstärken oder modulieren können. Beispielsweise wird angenommen, dass Myrcen die Blut-Hirn-Schranke für THC durchlässiger macht, was dessen Wirkung verstärken kann. Limonen wiederum könnte die stimmungsaufhellenden Eigenschaften von THC unterstützen, während Caryophyllen die potenziellen entzündungshemmenden Effekte von CBD erhöhen könnte.

Diese synergistische Wirkung macht einen wesentlichen Aspekt der medizinischen Cannabisforschung aus und wird zunehmend in der Entwicklung zielgerichteter Therapien berücksichtigt, um spezifische therapeutische Effekte zu erreichen, ohne unerwünschte Nebenwirkungen zu verstärken. Der Entourage-Effekt bleibt ein zentraler Forschungsbereich, da er das Potenzial hat, die Effektivität von Cannabis-basierten Medikamenten signifikant zu verbessern und individuell anzupassen.

Fazit

Die Genetik und Züchtung der Cannabispflanze hat sich im Laufe der Jahrtausende stark verändert. Was einst als klare Unterscheidung zwischen Indica, Sativa und Ruderalis galt, ist heute durch Züchtungen und Hybride weitgehend überholt. Heutzutage ist es das Chemovar, das die Effekte und die therapeutische Anwendung einer Cannabissorte bestimmt.

Die Cannabispflanze ist ein außergewöhnlich komplexes Gewächs, das eine Fülle an bioaktiven Molekülen enthält, die in Kombination vielfältige medizinische und therapeutische Effekte hervorrufen können. Wissenschaftler haben bislang über 500 verschiedene Inhaltsstoffe in der Cannabisblüte identifiziert, darunter Cannabinoide, Terpene, Flavonoide und andere sekundäre Pflanzenstoffe.


6. Das Endocannabinoidsystem

Nachdem wir nun die lange und wechselvolle Geschichte der Hanfpflanze als Industriepflanze sowie die Entwicklung der Cannabis-Gesetzgebung untersucht haben, ist es wichtig, sich den vielfältigen chemischen Bestandteilen von Cannabis zuzuwenden. Wir haben die Haupt-Cannabinoide und Terpene der Pflanze betrachtet, die in komplexen Wechselwirkungen zueinanderstehen und eine Vielzahl von physiologischen Effekten hervorrufen. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für das Verständnis eines noch umfassenderen Systems im menschlichen Körper – des Endocannabinoidsystems (ECS).


Das ECS ist ein entscheidendes biologisches System, das in nahezu allen Lebewesen vorkommt und eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der inneren Balance, der sogenannten Homöostase, spielt. Im nächsten Abschnitt werden wir detailliert darauf eingehen, wie dieses System funktioniert, welche Körperfunktionen es beeinflusst und warum es für die medizinische Anwendung von Cannabis von großer Bedeutung ist. Durch die Untersuchung des ECS können wir besser verstehen, wie Phytocannabinoide aus der Cannabispflanze helfen können, die Balance im Körper wiederherzustellen und eine Vielzahl von Erkrankungen zu behandeln.


Das Endocannabinoidsystem (ECS) ist ein weit verbreitetes Signalnetzwerk, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung einer Vielzahl von physiologischen Prozessen spielt. Es wurde 1992 durch ein Forschungsteam des National Institute of Mental Health (NIMH, Bethesda, Maryland/USA) unter der Leitung von William Devane und Dr. Lumir Hanus in Zusammenarbeit mit dem israelischen Wissenschaftler Raphael Mechoulam entdeckt. Das ECS wurde nach den Wirkstoffen der Cannabispflanze, den Cannabinoiden benannt. und umfasst Endocannabinoide, deren Rezeptoren und die dazugehörigen Enzyme.

Endocannabinoide sind körpereigene Cannabinoide, die in nahezu allen Geweben und Organen von Säugetieren vorkommen. Dazu zählen Menschen, aber auch andere Tiere wie Vögel, Fische, Reptilien und Säugetiere.

Komponenten des Endocannabinoidsystems

  1. Endocannabinoide: Die bekanntesten Endocannabinoide sind Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG). Diese Moleküle binden an Cannabinoid-Rezeptoren und imitieren die Wirkungen der Phytocannabinoide, wie sie in der Cannabispflanze vorkommen.

  2. Rezeptoren: Die Hauptrezeptoren des ECS sind CB1 und CB2. CB1-Rezeptoren befinden sich überwiegend im Zentralnervensystem und Gehirn, während CB2-Rezeptoren vor allem im Immunsystem und in peripheren Geweben vorkommen.

  3. Enzyme: Die Synthese und der Abbau von Endocannabinoiden wird durch spezifische Enzyme gesteuert, darunter die Fettsäureamidhydrolase (FAAH) und die Monoacylglycerollipase (MAGL), die für den Abbau von Anandamid bzw. 2-AG verantwortlich sind.

  4. Endogene Peptide wie Hemopressin (HP) eine wichtige Rolle im ECS. HP und seine Derivate (z.B. RVD-HP) agieren als inverse Agonisten bzw. Agonisten der CB1-Rezeptoren und beeinflussen die antinozizeptive Aktivität, die Nahrungsaufnahme und die Differenzierung von Oligodendrozyten.

  5. Allosterische Modulatoren: Sie verändern die Konformation des Rezeptors und beeinflussen somit die Bindungsaffinität und Signalweiterleitung der Endocannabinoide und Phytocannabinoide



Endocannabinoides System
Das Endocannabinoide System ist hochkomplex. Quelle: de Melo Reis RA, Isaac AR, Freitas HR, de Almeida MM, Schuck PF, Ferreira GC, Andrade-da-Costa BLDS, Trevenzoli IH. Quality of Life and a Surveillant Endocannabinoid System. Front Neurosci. 2021 Oct 28;15:747229. doi: 10.3389/fnins.2021.747229. PMID: 34776851; PMCID: PMC8581450.


Funktionen des Endocannabinoidsystems

Das ECS beeinflusst eine Vielzahl von Körperfunktionen und trägt wesentlich zur Homöostase bei, dem Prozess, durch den der Körper ein stabiles inneres Milieu aufrechterhält. Zu den regulierten Funktionen gehören:

  1. Schmerzwahrnehmung: Das ECS modifiziert die Schmerzempfindung, indem es die Freisetzung von Neurotransmittern beeinflusst und die neuronale Aktivität in schmerzverarbeitenden Pfaden moduliert.

  2. Appetit und Stoffwechsel: Endocannabinoide wirken im Hypothalamus und anderen Gehirnbereichen, die den Appetit regulieren. Sie können Hunger anregen und den Energiehaushalt beeinflussen.

  3. Stimmungs- und Angstregulation: Das ECS spielt eine Rolle bei der Regulierung von Stimmungen und Angstzuständen, indem es auf neuronale Schaltkreise wirkt, die mit Emotionen verbunden sind.

  4. Gedächtnis und Lernen: CB1-Rezeptoren im Gehirn sind an Prozessen des Gedächtnisses und Lernens beteiligt. Endocannabinoide können die neuronale Plastizität und die Signalübertragung beeinflussen.

  5. Immunfunktion: CB2-Rezeptoren sind hauptsächlich im Immunsystem präsent und beeinflussen Entzündungsreaktionen und die Immunantwort.





Ein neues System zur Aufrechterhaltung der Homöostase

Das ECS kann als ein völlig neues System betrachtet werden, das neben bekannten Systemen wie dem Nervensystem oder dem Herz-Kreislauf-System existiert. Es hat sich gezeigt, dass das ECS eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase spielt, indem es biologische Prozesse ausbalanciert. Homöostase bedeutet, dass das System ständig bestrebt ist, ein Gleichgewicht zu finden und weder zu viel noch zu wenig von einem bestimmten Zustand zuzulassen.

Einfluss von Krankheiten auf die Homöostase

Bei verschiedenen Krankheiten und Störungen ist diese Balance oft gestört. Zum Beispiel können chronische Schmerzen, Entzündungen, Angstzustände und andere Erkrankungen auf eine Dysregulation des ECS hinweisen. Hier kommt Cannabis ins Spiel: Phytocannabinoide wie THC und CBD können exogen hinzugefügt werden, um die Endocannabinoid-Signalisierung zu modulieren und so das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Wissenschaftliche Belege

Zahlreiche Studien haben die Rolle des ECS in verschiedenen physiologischen Prozessen und Krankheitszuständen untersucht. Eine Studie veröffentlicht in "Nature Reviews Neuroscience" hebt hervor, dass das ECS ein potenzielles therapeutisches Ziel für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, chronischen Schmerzen und Epilepsie ist​​. Eine weitere Studie in "The Journal of Clinical Investigation" zeigt, dass die Modulation des ECS durch CBD die Symptome von Darmerkrankungen wie Übelkeit, Bauchschmerzen, abmildern und modulieren kann. Eine weitere Publikation im "Journal of Clinical Medicine" beschreibt, wie das ECS als Vermittler für die neuroprotektiven und entzündungshemmenden Effekte von Cannabis fungiert​​.

Darüber hinaus identifiziert eine 2022 veröffentlichte Übersichtsarbeit im "International Journal of Molecular Sciences" Fortschritte bei der gezielten Medikamentenverabreichung durch das Endocannabinoidsystem. Diese Fortschritte heben die verbesserte Spezifität und die Minimierung unerwünschter Nebenwirkungen hervor. Strategien zur Entwicklung gezielter Arzneimittelabgabe durch das ECS bieten das Potenzial, die pharmakotherapeutischen Vorteile voll auszuschöpfen​​.


Aber auch bei ganz modernen Problemen wie CoVid-19 spield das ECS eine wichtige Rolle da gezeigt werden konnte, dass Cannabinoide z.B. die Expression des ACE-2 Rezeptors hemmen und so eine Infektion unwahrscheinlicher machen.


Zusammenfassung

Das Endocannabinoidsystem ist ein komplexes und essentielles Netzwerk, das die Homöostase im Körper aufrechterhält. Durch seine umfassende Wirkung auf verschiedene physiologische Prozesse spielt es eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Schmerz, Appetit, Stimmung, Gedächtnis und Immunantwort. Die therapeutische Nutzung von Cannabis, insbesondere durch die exogene Zufuhr von Phytocannabinoiden, zeigt vielversprechende Ansätze zur Wiederherstellung der Balance bei verschiedenen Krankheiten, was die umfassenden Einsatzmöglichkeiten von medizinischem Cannabis erklärt.

Für weitere wissenschaftliche Informationen und detaillierte Studien können Sie auf die folgenden Quellen zugreifen:


7. Probleme mit Strassencannabis

In der Realität ist es so, dass viele Patienten, die unter chronischen Schmerzen, Angstzuständen oder anderen gesundheitlichen Beschwerden leiden, gezwungen sind, sich auf dem Schwarzmarkt mit Cannabis zu versorgen. Dies geschieht oft aus Verzweiflung, wenn legale, medizinische Optionen entweder nicht verfügbar oder wie meistens aufgrund von fehlenden Informationen nicht bekannt sind. Darüber hinaus gibt es auch eine beträchtliche Anzahl von Menschen, die Cannabis zum Freizeitgebrauch konsumieren. Diese Nutzer sind ebenfalls den Risiken des Schwarzmarktes ausgesetzt.

Der folgende Abschnitt soll die vielfältigen Probleme beleuchten, die mit dem Konsum von Strassencannabis einhergehen. Es geht insbesondere um die gesundheitlichen Risiken durch Verunreinigungen sowie die Unsicherheiten hinsichtlich der Genetik und chemischen Zusammensetzung der Pflanzen, die ohne Qualitätskontrollen auf den Markt gelangen.



Illegales Drogenlabor
Illegales Drogenlabor von der Stadtpolizei Winterthur ausgehoben. Quelle: https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2024/03/240221_labor.html


Verunreinigungen von Strassencannabis

Eine der größten Gefahren von illegal erworbenem Cannabis sind die zahlreichen Verunreinigungen. Eine umfassende Studie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern untersuchte 151 Cannabisproben, die von der Polizei sichergestellt wurden. Die Ergebnisse waren alarmierend:

  1. Schwermetalle: Mehrere Proben enthielten erhöhte Werte an Schwermetallen wie Chrom, Cer, Kobalt, Bismut und Aluminium. Diese Stoffe können bei langfristigem Konsum gesundheitliche Schäden verursachen, insbesondere Schwermetalle wie Blei und Cadmium, die toxisch sind und das Nervensystem sowie andere Organe schädigen können​​.

  2. Pestizide: Von den 151 Proben wiesen 12 Rückstände von Pestiziden auf, darunter Fungizide wie Propamocarb und Metalaxyl sowie Insektizide wie Imidacloprid und Dimethoate. Pestizide können durch den Rauch in die Lunge gelangen und das Immunsystem schwächen, Atemprobleme verursachen und sogar krebserregend sein​​.

  3. Düngemittel: Durch unsachgemässen Anbau kann es auch durch eine Anreicherung von Düngemitteln in der Blüte kommen. Diese kann entweder Entstehen durch das direkte aufsprühen von Düngern oder aber auch durch natürliche Anreicherung durch die Pflanze in der Blüte und eine fehlende "Reinigungsphase" zum Ende des Anbaus.

  4. Mikrobiologische Verunreinigungen: Die Studie fand in mehreren Proben erhöhte Werte von Schimmelpilzsporen, Bakterien und Verderbniserregern. Nur eine von zwölf Proben erfüllte die mikrobiologischen Standards für pharmazeutische Zubereitungen. Der Konsum von mikrobiologisch kontaminiertem Cannabis kann zu Atemwegsinfektionen und anderen gesundheitlichen Problemen führen, insbesondere bei immungeschwächten Personen​​.

  5. Streckmittel: Es wurden auch Streckmittel wie Talkum und Glasperlen in einigen Proben gefunden. Diese Stoffe werden hinzugefügt, um das Gewicht zu erhöhen und somit den Profit zu maximieren. Das Inhalieren solcher Verunreinigungen kann zu schweren Lungenschäden führen​​. Dazu kommen kriminelle Verunreinigungen wie synthethische Drogen wie HHC oder neuer auch CC9, dazu später mehr.


Von 151 Proben waren also nur 1 für den sicheren Konsum geeignet. Die anderen beinhalteten alle schädliche Zusatzstoffe welche auch das Risiko für den Patienten enorm erhöhen.




Proliferation von Mycelien einer Fusarium-Art innerhalb von Cannabis-Blütengeweben unter Bedingungen hoher Luftfeuchtigkeit. Foto aus Frontiers in Microbiology


Unbekannte Genetik und Chemovare:

Ein weiteres erhebliches Problem beim Kauf von Strassencannabis ist die Unsicherheit bezüglich der Genetik der Pflanze und ihrer chemischen Zusammensetzung.

  • Unbekannte Cannabinoide und Terpene: Beim Kauf von Cannabis auf dem Schwarzmarkt hat der Konsument keine Informationen über das genaue Profil der Cannabinoide und Terpene. Das bedeutet, dass die medizinischen oder psychoaktiven Wirkungen unvorhersehbar sind. Beispielsweise kann eine hohe Konzentration von THC ohne das ausgleichende CBD zu verstärkten Angstzuständen oder Paranoia führen.

  • Gesundheitsrisiken: Unbekannte Chemovare können auch unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Bei medizinischem Cannabis ist es entscheidend, die genaue Zusammensetzung zu kennen, um eine wirksame und sichere Behandlung zu gewährleisten. Strassencannabis bietet keine solche Gewissheit und stellt somit ein erhebliches Risiko dar.

Die Kombination aus Verunreinigungen und der Unsicherheit über die genaue Zusammensetzung macht Strassencannabis zu einer unzuverlässigen und potenziell gefährlichen Wahl für Konsumenten. Die gesundheitlichen Risiken sind erheblich und reichen von akuten Vergiftungen bis hin zu langfristigen gesundheitlichen Schäden.


Synthetische Cannabinoide: K2 und Spice

Synthetische Cannabinoide, bekannt unter anderem mit Namen wie K2 und Spice, stellen eine weitere erhebliche Gefahr dar, die oft mit Strassencannabis in Verbindung gebracht wird. Diese Substanzen werden künstlich hergestellt und auf pflanzliches Material gesprüht, um eine ähnliche Wirkung wie THC, dem psychoaktiven Bestandteil von Cannabis, zu erzeugen. Trotz ihrer vermeintlichen Ähnlichkeit mit natürlichen Cannabinoiden bergen synthetische Cannabinoide erhebliche Gesundheitsrisiken.




Illegale synthetische Cannabisprodukte wie K2 und Spice. Quelle: DEA


Gefahren und Gesundheitsrisiken:

  1. Unvorhersehbare Wirkungen: Synthetische Cannabinoide können eine viel stärkere Wirkung haben als natürliches THC, was zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen kann. Konsumenten berichten von extremen Angstzuständen, Paranoia, Halluzinationen und Psychosen. Diese Wirkungen sind oft unvorhersehbar und können erheblich variieren, selbst bei Konsum derselben Marke.

  2. Akute Gesundheitsprobleme: Der Konsum von synthetischen Cannabinoiden ist mit einer Vielzahl akuter gesundheitlicher Probleme verbunden. Dazu gehören Herzrasen, erhöhter Blutdruck, Erbrechen, Krampfanfälle und Nierenversagen. In einigen Fällen können diese Effekte lebensbedrohlich sein und erfordern sofortige medizinische Intervention.

  3. Todesfälle: Es gibt dokumentierte Fälle, in denen der Konsum von synthetischen Cannabinoiden zu Todesfällen geführt hat. Diese Substanzen können schwere toxische Reaktionen hervorrufen, die das Herz-Kreislauf-System und das zentrale Nervensystem betreffen. Todesfälle wurden durch Überdosierung sowie durch die gefährlichen chemischen Zusätze verursacht, die in diesen Produkten enthalten sein können.

  4. Rechtliche Unsicherheit: Obwohl viele synthetische Cannabinoide illegal sind, ändern Hersteller ständig ihre chemische Zusammensetzung, um gesetzlichen Verboten zu entgehen. Dies führt zu einem ständigen Wettrüsten zwischen Herstellern und Regulierungsbehörden und erhöht die Unsicherheit und das Risiko für die Konsumenten.

Beispiele und Studien:


Fazit:

Während die Legalität und Qualität von medizinischem Cannabis strengen Kontrollen unterliegt, bietet der Schwarzmarkt keine solche Sicherheit. Die Risiken durch Verunreinigungen mit Schwermetallen, Pestiziden, Bakterien und Streckmitteln, synthetischen Zusätzen sowie die Unsicherheit über die genaue chemische Zusammensetzung machen Strassencannabis zu einer potenziellen Gesundheitsgefahr. Es ist daher essenziell, auf geprüfte und legale Quellen zu setzen, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Cannabisprodukte zu gewährleisten.



Übergang zum Thema "Medizinisches Cannabis"

Nachdem wir die Geschichte und die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten der Hanfpflanze sowie die Probleme und Risiken von Strassencannabis ausführlich beleuchtet haben, wenden wir uns nun dem medizinischen Einsatz von Cannabis zu. In den folgenden Abschnitten werden wir die verschiedenen Einnahmeformen von Cannabis, deren Wirkungseintritt und Wirkungsdauer sowie die Bioverfügbarkeit und medizinische Wirksamkeit im Detail besprechen.

Einnahmeformen von Cannabis: Wirkungseintritt und Dauer

Medizinisches Cannabis kann auf verschiedene Weisen eingenommen werden, wobei jede Methode unterschiedliche Vor- und Nachteile hinsichtlich Wirkungseintritt, Dauer der Wirkung und Bioverfügbarkeit aufweist. Die Grafik von Medcan zeigt die gängigsten Einnahmeformen und bietet eine Übersicht über die wichtigsten Aspekte:

Inhalation oder Rauchen:

  • Methoden: Joint, Pfeife, Bong, Vaporizer.

  • Wirkungseintritt: 2-8 Minuten.

  • Dauer der Wirkung: 2-3 Stunden.

  • Bioverfügbarkeit: 15-25%.

Details: Beim Inhalieren gelangt das Cannabinoid direkt über die Lungenbläschen in den Blutkreislauf, was zu einem schnellen Wirkungseintritt führt. Diese Methode ermöglicht eine genaue Dosierung und ist besonders geeignet für akute Symptomlinderung. Allerdings ist das Rauchen aus medizinischer Sicht weniger empfehlenswert aufgrund der potentiellen Schädigung der Atemwege durch Verbrennungsprodukte.

Medizinische Vaporizer

Beim Einsatz von Vaporizern zur Inhalation von medizinischem Cannabis ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass das Gerät den Anforderungen der Medical Device Regulation (MDR) entspricht. Dies stellt sicher, dass der Vaporizer sowohl sicher als auch effektiv für den medizinischen Gebrauch ist. Derzeit gibt es nur ein Gerät auf dem Markt, das diese strengen Kriterien erfüllt: der Vaporizer von Storz & Bickel.

Der Medic und Volcano von Storz & Bickel ist der einzige Vaporizer, der gemäss den europäischen MDR-Richtlinien als Medizinprodukt zugelassen ist. Diese Zulassung gewährleistet, dass das Gerät umfassend getestet wurde und den höchsten Standards in Bezug auf Sicherheit, Qualität und Leistungsfähigkeit entspricht. Der Einsatz dieses Geräts minimiert das Risiko potenzieller gesundheitlicher Schäden, die durch minderwertige oder ungeprüfte Vaporizer verursacht werden können.

Andere auf dem Markt erhältliche Vaporizer sind häufig nicht für den medizinischen Gebrauch zugelassen. Der Gebrauch solcher Geräte kann mit verschiedenen Risiken verbunden sein, darunter unzureichende Temperaturkontrolle, Verwendung von minderwertigen Materialien und die Freisetzung schädlicher Substanzen beim Erhitzen. Diese Risiken können die therapeutische Wirksamkeit beeinträchtigen und potenziell schädliche Nebenwirkungen verursachen.

Daher ist es für Patienten, die medizinisches Cannabis inhalieren möchten, entscheidend, einen zugelassenen medizinischen Vaporizer zu verwenden. Der Volcano oder Medic 2 von Storz & Bickel bietet nicht nur die notwendige Sicherheit und Effizienz, sondern auch eine präzise Dosierbarkeit, die für eine erfolgreiche und sichere Therapie unerlässlich ist.


Medizinischer Vaporisator der Firma Storz und Bickel. Quelle: www.studmedshop.ch


Orale Einnahme:

  • Methoden: Lebensmittel (z.B. Kekse, Schokolade), Tee, Tinktur/Öl, Kapseln.

  • Wirkungseintritt: 30 Minuten bis 2 Stunden.

  • Dauer der Wirkung: 6-8 Stunden.

  • Bioverfügbarkeit: 5-12%.

Details: Bei der oralen Einnahme wird das Cannabis über den Verdauungstrakt aufgenommen. Der Wirkungseintritt verzögert sich, da die Wirkstoffe zuerst durch den Magen-Darm-Trakt und die Leber metabolisiert werden müssen. Diese Methode hat eine längere Wirkungsdauer und ist besonders hilfreich bei chronischen Schmerzen und Schlafstörungen. Ein Nachteil ist die geringe Bioverfügbarkeit, da ein großer Teil der Wirkstoffe während des Verdauungsprozesses verloren gehen kann​. Die orale Aufnahme von Cannabis stellt Patienten vor besondere Herausforderungen hinsichtlich der Dosierung und des Timing. Im Vergleich zur Inhalation, bei der die Wirkung innerhalb von Minuten einsetzt, verzögert sich der Wirkungseintritt bei der oralen Einnahme um 30 Minuten bis 2 Stunden und mehr. Diese Verzögerung erschwert die Dosierung erheblich, da es schwierig ist, die unmittelbare Wirkung abzuschätzen und entsprechend "nachzulegen". Dabei kommt es häufiger zu einer unnerwünschten Überdosierung.


Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Einfluss der Nahrungsaufnahme auf die Wirkung von oral eingenommenem Cannabis. Der Konsum von Cannabis auf leeren Magen kann zu einer schnelleren und stärkeren Wirkung führen, während eine fettreiche Mahlzeit die Aufnahme der Cannabinoide erhöhen kann. Diese Variabilität macht es für Patienten schwierig, eine konstante und vorhersehbare Dosis zu erreichen.

Sublinguale Einnahme:

  • Methoden: Spray, Tinkturen.

  • Wirkungseintritt: 15 Minuten.

  • Dauer der Wirkung: 6-8 Stunden.

  • Bioverfügbarkeit: 5-10%.

Details: Bei der sublingualen Einnahme werden die Cannabinoide unter die Zunge gegeben, wo sie durch die Schleimhäute direkt in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Diese Methode kombiniert die Vorteile eines schnellen Wirkungseintritts mit einer relativ langen Wirkungsdauer. Sie ist besonders geeignet für Patienten, die eine schnelle Linderung ihrer Symptome benötigen, aber das Rauchen vermeiden möchten​. Aktuell gibt es mit Sativex auch ein zugelassenenes Medizinprodukt als Spray. Da dieses aber nur THC/CBD enthält ohne das Vollspektrum ist die Wirkung häufig weniger ausgewogen und auch Brennnen im Mundraum werden als unangenehme Nebenwirkungen häufig genannt.



Sativex Mundspray.

Aufnahme über die Haut oder den Darm:

  • Methoden: Salben, Pflaster, Zäpfchen.

  • Wirkungseintritt: 10-15 Minuten.

  • Dauer der Wirkung: 6-8 Stunden.

Details: Diese Formen der Applikation sind besonders für lokale Anwendungen geeignet. Salben und Pflaster wirken direkt auf die betroffene Stelle und sind ideal für die Behandlung von Hauterkrankungen oder lokalen Schmerzen. Zäpfchen bieten eine alternative Methode für Patienten, die orale oder inhalative Einnahmeformen nicht vertragen. Die Bioverfügbarkeit kann je nach Methode variieren, ist jedoch in der Regel niedriger als bei inhalativen Methoden​​.

Bioverfügbarkeit und medizinische Wirksamkeit

Die Bioverfügbarkeit bezeichnet den Anteil eines Wirkstoffs, der unverändert in den systemischen Kreislauf gelangt und somit zur Verfügung steht, um seine Wirkung zu entfalten. Diese variiert je nach Einnahmeform erheblich:

  • Inhalation: Hohe Bioverfügbarkeit durch direkte Aufnahme in die Blutbahn.

  • Orale Einnahme: Niedrigere Bioverfügbarkeit aufgrund des First-Pass-Effekts in der Leber.

  • Sublinguale Einnahme: Moderat hohe Bioverfügbarkeit durch direkte Aufnahme in die Blutbahn.

  • Topische Anwendung: Variable Bioverfügbarkeit, abhängig von der Durchlässigkeit der Haut und der Formulierung des Produkts.

Die Wahl der Einnahmeform sollte daher individuell an die Bedürfnisse und die medizinische Indikation des Patienten angepasst werden. Während die Inhalation eine schnelle Symptomlinderung ermöglicht, bieten orale und sublinguale Methoden eine länger anhaltende Wirkung. Topische Anwendungen sind ideal für die gezielte Behandlung lokaler Beschwerden.

Durch die genaue Abstimmung der Einnahmeform auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten kann die Wirksamkeit der Behandlung mit medizinischem Cannabis maximiert werden, während potenzielle Nebenwirkungen minimiert werden.




Einnahmeformen von Cannabis. Grafik durch www.medcan.ch

Die Magistralrezeptur in der Schweiz

Die Magistralrezeptur in der Schweiz ist eine zentrale Möglichkeit, Patienten eine individuelle und personalisierte Cannabistherapie zu bieten. Durch die Magistralrezeptur können Ärzte speziell dosierte Cannabisprodukte verschreiben, die in Apotheken individuell für den Patienten hergestellt werden. Diese massgeschneiderten Rezepte sind besonders wertvoll, wenn herkömmliche Fertigarzneimittel nicht die gewünschten therapeutischen Ergebnisse erzielen oder spezifische Dosierungen und Zusammensetzungen erforderlich sind.

Was ist eine Magistralrezeptur?

Eine Magistralrezeptur ist ein Arzneimittel, das von einem Apotheker nach ärztlicher Verschreibung speziell für einen einzelnen Patienten hergestellt wird. Diese individuelle Zubereitung ermöglicht es Ärzten, die genauen Anforderungen und Dosierungen auf die Bedürfnisse des Patienten abzustimmen. Dies ist vor allem bei chronischen Erkrankungen oder bei Patienten, die besondere Dosierungen oder Kombinationen von Wirkstoffen benötigen, von großer Bedeutung.

Ein Beispiel einer Cannabis-Magistralrezeptur könnte wie folgt aussehen:

  1. Cannabisblüten (Cannabis Flos):

    • Cannabis flos, diverse Genetiken, bis zu 30 % THC, 0.2Gramm/Dosis, insgesamt 30 Gramm pro Monat zur Inhalation mit einem Vaporizer. Diese Blüten können inhalativ verwendet werden und sind besonders bei Patienten mit chronischen Schmerzen oder spastischen Erkrankungen gefragt.

  2. Cannabisöl:

    • Cannabisöl, Vollspektrumextrakt in MCT, 5 % CBD, 2,5 % THC, 10 ml. Dosierung: 3 Tropfen jeden Abend, 1 Stunde vor dem Schlafen.


      Dieses Beispiel zeigt eine Kombination aus THC und CBD zur abendlichen Anwendung bei Schlafstörungen oder chronischen Schmerzen.

Unterschiede zwischen normalen Rezepten und Magistralrezepturen

Ein normales Rezept wird in der Regel für Fertigarzneimittel verwendet, die industriell hergestellt werden und sofort verfügbar sind. Eine Magistralrezeptur hingegen ist speziell für einen Patienten angefertigt und erfordert, dass der Apotheker das Medikament nach den Vorgaben des Arztes herstellt. Hierbei werden nicht nur die Dosierung, sondern auch die Darreichungsform und die genauen Inhaltsstoffe individuell festgelegt. Cannabisrezepte sind immer Magistralrezepturen!

Betäubungsmittel-Rezept (BTM-Rezept) und normale Rezepte

In der Schweiz gelten unterschiedliche Verschreibungspflichten für Cannabisprodukte, abhängig vom THC-Gehalt:

  • Für Produkte mit einem THC-Gehalt von über 1 % muss ein Betäubungsmittel-Rezept (BTM-Rezept) ausgestellt werden. Das BTM-Rezept unterliegt strengeren Kontrollen und besteht aus mehreren Durchschlägen, die jeweils an den Arzt, die Apotheke und die zuständige Behörde gehen. Die Dauer ist dabei normalerweise 1 Monat, maximal können 3 Monate verschrieben werden.

  • Für Produkte mit einem THC-Gehalt unter 1 % reicht ein normales Rezept. Diese Produkte, wie beispielsweise reine CBD-Produkte, fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und können ohne die strengen Regularien eines BTM-Rezepts verschrieben werden. Hier sind auch Repetierrezepte möglich über 6 Monate.

Diese Unterscheidung ist besonders wichtig, da viele Patienten Produkte mit unterschiedlichen THC-Konzentrationen benötigen, je nach Erkrankung und Verträglichkeit.

Rechtliche Rahmenbedingungen in der Schweiz

Seit der Gesetzesänderung im August 2022 dürfen Ärzte in der Schweiz Cannabisprodukte mit einem THC-Gehalt über 1 % ohne eine Sondergenehmigung verschreiben, sofern sie über ein BTM-Rezept ausgestellt werden. Cannabisprodukte unter 1 % THC können wie andere Arzneimittel mit einem normalen Rezept verschrieben werden.


Phytotherapeutische Aspekte

In der Phytotherapie, der Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln, spielt Cannabis eine zentrale Rolle. Die Cannabinoide THC und CBD sind dabei die Hauptwirkstoffe, ergänzt durch Terpene und Flavonoide, die den sogenannten Entourage-Effekt unterstützen. Bei der Magistralrezeptur kann die Apotheke diese Wirkstoffe in der optimalen Konzentration und Form für den Patienten bereitstellen, um eine individuelle und effektive Therapie zu ermöglichen.




Die Wichtigkeit der Zusammenarbeit von Arzt, Patient und Apotheker bei medizinischem Cannabis

Die erfolgreiche Behandlung mit medizinischem Cannabis erfordert eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und Apotheker. Jede dieser Parteien bringt entscheidendes Wissen und Kompetenzen in den Behandlungsprozess ein, die für den optimalen Erfolg der Therapie unverzichtbar sind.

Der Arzt – Diagnosestellung und Therapieplanung

Der Arzt spielt eine zentrale Rolle, da er für die Diagnose und die Verschreibung der geeigneten Cannabissorte sowie der richtigen Dosierung verantwortlich ist. Da das Endocannabinoid-System (ECS) eines jeden Patienten genetisch individuell ist und unterschiedlich auf Cannabis reagiert, muss der Arzt seine medizinischen Kenntnisse über die jeweilige Erkrankung und die entsprechenden Symptome einsetzen, um die passende Sorte und Darreichungsform zu finden. Die richtige Balance aus Cannabinoiden und Terpenen kann bei der Behandlung von Krankheiten wie chronischen Schmerzen, Epilepsie, Angststörungen oder Schlafstörungen entscheidend sein.

Der Arzt muss zudem auf die Rückmeldungen des Patienten achten, um die Therapie gegebenenfalls anzupassen. Die Reaktionen des Körpers auf die Cannabissubstanzen variieren stark, und eine anfängliche Dosierung kann im Laufe der Zeit angepasst werden müssen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Der kontinuierliche Austausch zwischen Arzt und Patient ist hierbei unerlässlich.

Der Apotheker – Herstellung und Beratung

Der Apotheker ist für die korrekte und sichere Herstellung von Cannabisprodukten nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten zuständig. Insbesondere bei Magistralrezepturen spielt der Apotheker eine entscheidende Rolle, da er Cannabisprodukte wie Blüten, Öle oder Kapseln nach den genauen Vorgaben des Arztes herstellt. Dabei bringt der Apotheker tiefes Wissen über die Cannabispflanze, ihre Inhaltsstoffe (THC, CBD, Terpene, Flavonoide) sowie deren Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten mit ein.

Darüber hinaus ist der Apotheker ein wichtiger Ansprechpartner für den Patienten, um sicherzustellen, dass die Anwendung korrekt erfolgt. Die Beratung über die richtige Einnahmeform, den Zeitpunkt und mögliche Nebenwirkungen gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Apothekers.

Der Patient – Feedback und Anpassung der Therapie

Der Patient selbst ist ein aktiver Teil des Behandlungsprozesses. Da das Endocannabinoid-System (ECS) bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist, ist es für den Erfolg der Therapie entscheidend, dass der Patient regelmäßig Feedback gibt. Dies umfasst Informationen über die Wirksamkeit, mögliche Nebenwirkungen und Veränderungen der Symptomatik. Auf Grundlage dieses Feedbacks können Arzt und Apotheker die Therapie optimieren.

Der Patient sollte sich bewusst sein, dass medizinisches Cannabis eine komplexe Pflanze ist, deren Wirkung stark von der genauen Zusammensetzung abhängt. Verschiedene Sorten und Züchtungen haben unterschiedliche Verhältnisse von Cannabinoiden und Terpenen, die die Wirkung beeinflussen können. Deshalb ist es entscheidend, dass der Patient im Dialog mit Arzt und Apotheker bleibt, um die beste Sorte und Dosierung zu finden.

Die Rolle der Apotheke – Die Wahl der richtigen Apotheke

Eine geeignete Apotheke zu finden, die Erfahrung in der Herstellung und Beratung von medizinischem Cannabis hat, ist von zentraler Bedeutung. Der Verein für medizinisches Cannabis bietet auf seiner Website eine Liste von Apotheken, die in der Lage sind, hochwertige Cannabisprodukte herzustellen und eine fundierte Beratung anzubieten (Medcan Schweiz). Dieser Verein setzt sich seit über 10 Jahren für die Rechte und Interessen von Patienten ein, die medizinisches Cannabis nutzen. Seine Arbeit ist eine wichtige Ressource für Patienten, die auf der Suche nach verlässlichen Apotheken und Informationen über medizinisches Cannabis sind.

Empfehlungen

Für Patienten, die eine Therapie mit medizinischem Cannabis beginnen oder bereits anwenden, empfiehlt es sich, eng mit ihrem Arzt und ihrer Apotheke zusammenzuarbeiten. Durch eine gut funktionierende Kommunikation zwischen allen Beteiligten kann die Therapie auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt und gegebenenfalls angepasst werden. Der Verein für medizinisches Cannabis bietet nützliche Informationen und Unterstützung für Patienten und fördert den Zugang zu spezialisierten Apotheken.





Zusammenfassung

Die Behandlung mit medizinischem Cannabis hat in der modernen Medizin einen bedeutenden Platz eingenommen, insbesondere aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten bei chronischen Erkrankungen, Schmerzen und neurologischen Störungen. Die Geschichte der Cannabispflanze zeigt, dass sie bereits seit Jahrtausenden von Kulturen auf der ganzen Welt als Nutz- und Heilpflanze geschätzt wurde. In der Schweiz hat der medizinische Einsatz von Cannabis besonders durch die Gesetzesänderung im Jahr 2022 an Bedeutung gewonnen, die es Ärzten ermöglicht, medizinisches Cannabis ohne Sonderbewilligung zu verschreiben.

Cannabis enthält eine Vielzahl von Cannabinoiden und Terpenen, die gemeinsam den sogenannten Entourage-Effekt erzeugen. Dieser Effekt beschreibt, wie diese Verbindungen synergistisch zusammenwirken und so eine stärkere therapeutische Wirkung entfalten können, als es einzelne isolierte Bestandteile vermögen. Besonders Cannabinoide wie THC und CBD haben medizinische Eigenschaften, die von der Linderung von Schmerzen bis hin zur Unterstützung bei neurologischen Erkrankungen reichen. Darüber hinaus spielen Terpene eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der Wirkung und können stimmungsaufhellend, beruhigend oder entzündungshemmend wirken.

Das Endocannabinoidsystem (ECS) des menschlichen Körpers spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase und reguliert Funktionen wie Schmerz, Schlaf, Appetit und Entzündungen. Durch die Interaktion mit diesem System können Cannabinoide helfen, das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen, was erklärt, warum medizinisches Cannabis bei einer Vielzahl von Erkrankungen wirksam ist. Jedes ECS ist genetisch individuell ausgeprägt, was bedeutet, dass die Reaktion auf Cannabinoide von Patient zu Patient variiert. Hier zeigt sich die Notwendigkeit einer personalisierten Therapie.

Beim Konsum von Strassencannabis bestehen erhebliche Risiken, da die Produkte oft verunreinigt sind und die genaue chemische Zusammensetzung unbekannt ist. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sicheren und kontrollierten Abgabe von medizinischem Cannabis durch Apotheken. In der Schweiz können Ärzte über die Magistralrezeptur individuell angepasste Cannabisprodukte verschreiben, die in Apotheken hergestellt werden. Dies gilt sowohl für Cannabisblüten als auch für Öle und andere Zubereitungen. Bei Produkten mit einem THC-Gehalt von über 1 % ist ein Betäubungsmittel-Rezept (BTM-Rezept) erforderlich, während für Produkte unter 1 % THC ein normales Rezept ausreicht.

Eine erfolgreiche Therapie mit medizinischem Cannabis erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und Apotheker. Der Arzt diagnostiziert und verschreibt die individuell angepasste Therapie, während der Apotheker für die korrekte Zubereitung und Beratung sorgt. Der Patient wiederum gibt kontinuierlich Feedback zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie, sodass diese bei Bedarf angepasst werden kann. Besonders die Wahl der richtigen Apotheke, die über Erfahrung im Umgang mit Cannabispräparaten verfügt, ist entscheidend für den Erfolg der Therapie. Der Verein für medizinisches Cannabis, der sich seit über 10 Jahren für Patienten einsetzt, bietet eine Liste von Apotheken und weiterführende Informationen auf seiner Website.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass medizinisches Cannabis ein enormes Potenzial hat, um die Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Durch die sorgfältige Auswahl der richtigen Cannabissorte, die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien und die Anpassung der Therapie an die individuellen Bedürfnisse des Patienten kann eine optimale Behandlung gewährleistet werden. Weitere Informationen und Unterstützung finden Sie auf den folgenden Websites:

Auf Wunsch berate ich sie gerne auch persönlich zu dem Thema.







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